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Xxxxx Xxxxxxxx

2154 Kleinbaumgarten xx

 

Herrn

Bgm. Hubert Krieger

Gemeindeamt Gaubitsch

 

2154 Gaubitsch Kleinbaumgarten, am 14. Oktober 1999

 

Werter Herr Bürgermeister!

 

Da Sie es bislang nicht der Mühe Wert gefunden haben, mit mir persönlich über die Vorfälle rund um die Nationalratswahlen vom 3. Oktober 1999 zu sprechen, sondern nur über „dritte Personen" mit mir kommunizieren, möchte ich nun schriftlich zu den Ereignissen Stellung nehmen.

Daß ich am Wahlsonntag dem Liberalen Forum meine Stimme gegeben habe, ist Ihnen ja bekannt - über die Gründe, welche mich dazu bewogen haben, bin ich jederzeit bereit zu diskutieren, sie hier zu nennen wäre allerdings fehl am Platz. Vor allem ist es aber niemandes Aufgabe, darüber zu richten, zumal es sich ausschließlich um meine Entscheidung handelt.

Wie ich von verschiedenster Seite vernommen habe (etwa von einem Bürgermeister einer Nachbargemeinde, sind Sie nach wie vor der Meinung, daß ich meinen Stimmzettel zusätzlich mit einem zweiten Kreuz versehen habe. Sie halten mich also entweder nicht für fähig‘ einen gültigen Stimmzettel auszufüllen, oder bezichtigen mich der Lüge. Ich darf Ihnen daher mitteilen, daß mir ein renommierter Graphologe versichert hat, daß es sich eindeutig feststellen läßt, ob die beiden Kreuze von derselben Person gemacht worden sind oder nicht. Im übrigen finde ich es umso befremdlicher, daß Sie auch Zweifel, welche direkt aus den Reihen der Wahlkommission kommen, ganz einfach ignorieren und weiterhin ausschließlich meine Glaubwürdigkeit in Frage stellen.

Ich habe vorige Woche mit mehreren Personen (zunächst vertraulich) Kontakt aufgenommen. Ich nehme an, daß Sie von meinem Telefonat mit Dr. Vanek ja bereits erfahren haben. Zusätzlich habe ich aber noch mit zwei anderen Juristen (ein pensionierter Richter und ein befreundeter Staatsanwalt) gesprochen, welche mir unabhängig voneinander zur sofortigen Anzeige geraten haben. Der Staatsanwalt schätzt die Wahrscheinlichkeit, den „Täter" ausfindig zu machen, übrigens als hoch ein, vor allem kann aber mit Sicherheit die Richtigkeit meiner Aussagen (siehe Graphologie) bestätigt werden. Ihre Bemerkungen hei der donnerstäglichen Sitzung der Wahlkommission (ich müsse klagen und dann folge eben eine Gegenklage Ihrerseits) zeugen davon, daß sie offenbar nicht darüber im Bilde sind, wer hier welche Funktion zu erfüllen hat. Bei Manipulation einer Wahl handelt es sich um ein Offizialdelikt, für welches die Landesgerichte (in diesem Fall Korneuburg) zuständig sind. Als Klägerin tritt die Staatsanwaltschaft auf (ich wünsche daher schon jetzt viel Glück bei der Gegenklage). die Höchststrafe liegt bei drei Jahren unbedingter Haft, mehrere Folgedelikte mit unterschiedlicher Zuständigkeit ergeben sich zusätzlich.

Wie Sie wissen, habe ich trotzdem mit einer Anzeige gezögert - vor allem in Rücksichtnahme auf die Familie des Betreffenden und auch im Wissen darum, daß jeder von uns Fehler begeht. Ich habe der Person angeboten, sich bei mir zu melden - mit dem Versprechen, die Sache dann ruhen zu lassen und darüber auch mit niemandem mehr zu sprechen - und ich pflege, meine Versprechen so gut wie möglich zu halten. Allerdings hat bis heute niemand mit mir Kontakt aufgenommen.

Möglicherweise hätte ich trotzdem keine weiteren Schritte unternommen, wenn versucht worden wäre, einigermaßen „sauber" mit dieser unleidlichen Geschichte umzugehen. Ich verstehe schon, daß Sie über den Vorfall nicht gerade erfreut sind, Sie können mir jedoch glauben, ich bin es auch nicht. Vor allem Ihr Umgang mit diesem „Problem" hat mich aber sehr irritiert. Mich als dumm oder intrigant hinzustellen oder gar Druck auf mich ausüben zu wollen, ist etwas, was ich mir nicht gefallen lasse. Ich möchte daher kurz auf jene Ihrer Stellungnahmen eingehen, welche mir zugetragen wurden:

Ich finde es grundsätzlich sonderbar, daß Sie einer 27-jährigen Frau über ihren Vater mitteilen lassen. sie möge nichts unternehmen, weil sie sich damit nur selbst schade (Wie soll ich das verstehen?) und zudem das Ansehen der Gemeinde „beschmutze". Ich frage mich, wer dem Ansehen der Gemeinde mehr Schaden zufügt - jemand, der ganz normal wählen geht, oder jemand. der (mit dem Vertrauen der BürgerInnen und der Republik Osterreich ausgestattet) einen amtlichen Stimmzettel manipuliert.

Wie ich auf die Anschuldigung des Komplottes (Leo Hartmann und ich stecken unter einer Decke, weil Jonny und Wickerl nach gemeindepolitischen Veränderungen verlangen) reagieren soll, weiß ich eigentlich gar nicht, zumal es sich um eine völlig abstruse und unsinnige Theorie handelt. Ich rege trotzdem an, darüber nachzudenken, wie wir wissen hätten sollen, daß meine Stimme die einzige für die Liberalen sein wird (denn nur so konnte ich ja überhaupt merken, daß irgendetwas nicht in Ordnung ist) - und vor allem wem wir mit dieser Aktion hätten schaden oder nützen sollen.

Daß ich von Ihren Aussagen über meine Dummheit (wie ich von einem Bürgermeister aus dritter Hand erfahren habe) sowie über Ihre grundsätzliche Reaktion (etwa bei der Sitzung der Sprengelwahlkommission) bereits informiert bin, habe ich schon erwähnt. Ich denke, daß Sie mittlerweile aber so ziemlich der einzige sind, der kategorisch an der Richtigkeit meiner Aussagen zweifelt.

Und wenn Sie mir schließlich über Paul Hiller ausrichten lassen, ob ich denn nicht wisse, wer mein Arbeitgeber sei, dann zweifle ich grundsätzlich an Ihrer Demokratiefähigkeit und fühle mich in meinem Votum zusätzlich bestärkt. Ich darf Ihnen aber trotzdem mitteilen, daß ich mich derzeit ausschließlich mit dem Erstellen meiner Diplomarbeit (die sich übrigens auch mit repressiven Methoden in der Sowjetunion befaßt) beschäftige, daher keinen direkten Arbeitgeber (außer meiner Professorin, welche mich mit Arbeit versorgt) habe. Mein letztes Dienstverhältnis bin ich mit dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung im Zuge meiner Tätigkeit als Ausstellungsführerin in Kirchstetten eingegangen - wie der Name sagt, handelt es sich um ein Amt, welches frei von parteipolitischen Interessen zu agieren hat. Ich nehme aber an, daß Sie vor allem meine Beschäftigung beim „Club Niederösterreich" anzusprechen versuchten: Ich möchte daher anmerken, daß ich bereits vor drei Jahren dieses Arbeitsverhältnis aufgrund eines siebenmonatigen Aufenthaltes in Moskau aufgelöst habe. Abgesehen davon handelt es sich beim „Club Niederösterreich" um eine unabhängige und überparteiliche Interessengemeinschaft, bei welcher ich aufgrund meiner Fähigkeiten, nicht aber wegen meiner politischen Ansichten aufgenommen wurde (Dies können Sie gerne auch beim Geschäftsführer Dkfm. Ernst Scheiber oder beim Präsidenten LH Dr. Erwin Pröll auf seine Richtigkeit überprüfen).

Die genannten Ereignisse haben mich immer mehr in der Ansicht bestärkt, daß ich die Sache rund um die Wahlen gar nicht ruhen lassen kann, wenn ich mich nicht zum Gespött der Öffentlichkeit machen lassen möchte, wie sie dies offenbar versuchen. Plötzlich finde ich mich in einer Situation, in der ich mich rechtfertigen muß, so als ob ich am 3. Oktober ein Verbrechen begangen hätte. Und dies liegt in erster Linie daran, wie mit dem Vorfall umgegangen wurde.

Gottseidank gibt es innerhalb der Wahlkommission auch Menschen, die sich nach bestem Wissen korrekt verhaften haben, etwa Xxxx Xxxxx.

Gottseidank gibt es Menschen, die daran interessiert sind, den Fall aufzuklären und sich selbst dadurch wieder ins rechte Licht zu rücken, etwa Xxxx Xxxxx oder Xxxx Xxxxx. Die beiden letzteren sind es auch, die auf einer Anzeige bestehen - wer die Anzeige tätigt, ist letztlich jedoch egal, zumal - wie bereits erwähnt - ohnehin die Staatsanwaltschaft sämtliche weiteren Schritte zu setzen hat.

Ganz abgesehen von der menschlichen Seite haben die drei soeben Genannten aber auch juristisch richtig gehandelt, indem Sie den Vorfall an Sie weitergeleitet haben. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf § 84. StPO (Strafprozeßordnung) hinweisen. Ich lege einen Auszug aus der StPO bei und nehme an, daß es keiner weiteren Erläuterungen bedarf, zu welcher Reaktion der Gesetzgeber Sie als Bürgermeister verpflichtet hätte.

Für mich persönlich brachten die Ereignisse rund um die Nationalratswahlen eine Reihe von Enttäuschungen und auch sehr viel Verwunderung und Staunen mit sich. Ich frage mich immer wieder, wie ich eigentlich dazu komme, mich mit solchen Dingen beschäftigen zu müssen. Ich frage mich auch, in welchem Staat ich lebe und warum die Demokratie derart mit Füßen getreten wird. Und damit meine ich gar nicht so sehr den „Ausrutscher" einer Einzelperson in einem unbedachten Augenblick, sondern vor allem das Verhalten von offiziellen Vertretern dieses Landes, welche nicht im Affekt (kein gesunder Mensch handelt tagelang im Affekt), sondern offenbar planmäßig vorgehen.

Mit (eigenschaftslosen) Grüßen