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BÜRGERMEISTER DROHT PROZESS WEGEN NÖTIGUNG EINER ZEUGIN

Der Prozess um die Fälschung eines Wahlzettels in Gaubitsch endete zwar mit einem Freispruch. Für Gaubitschs Bürgermeister könnte die Affäre aber ein Nachspiel haben: Der Richter will gegen ihn wegen Nötigung vorgehen.

von michael reichel

WIEN. Hubert Krieger, VP-Bürgermeister von Gaubitsch, kämpft um seine Gelassenheit: "Ich habe das nicht ernst genommen", sagt er abwiegelnd. Doch dann schnauft er ins Handy: "Wenn ein Richter in einer öffentlichen Verhandlung einer Amtsperson, einem Bürgermeister, droht, dann steht's schlecht um den Rechtsstaat. Ich habe es satt, ständig an die Wand gestellt zu werden."
An der Wand wird Krieger sicher nicht stehen. Höchstens vor dem Kadi. Alexander Fiala, Richter am Landesgericht Korneuburg, will Krieger anzeigen. Bürgermeister Krieger habe jene Frau unter Druck gesetzt, die die Wahlzettel-Affäre in Gaubitsch ans Licht gebracht hatte, lautet der Vorwurf. "Wenn ein Bürgermeister einer Bürgerin sagt, wenn sie so weitermacht, solle sie an ihren Arbeitsplatz denken, dann kann man darüber nicht einfach hinwegsehen." Fiala will der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung übermitteln. Das Delikt unterm Strich von Fialas Ausführungen wird da lauten: Nötigung.
Die Frau hatte Anzeige erstattet, weil ihr Stimmzettel für die Nationalratswahl 1999 neben ihrem Kreuzerl fürs LIF noch ein zweites getragen hatte: für die ÖVP - Stimme daher ungültig. Der Wahlbetrug flog nur auf, weil niemand außer ihr LIF gewählt hatte in der VP-Domäne Gaubitsch. Um sie von der Anzeige abzubringen, soll ihr Hubert Krieger gedroht haben. Der Richter kündigte die Anzeige gegen den Bürgermeister während der Verhandlung an. So etwas passiert nicht oft. Diese Woche beim Prozeß gegen den Leiter der Wahlkommission in Gaubitsch: Die Verhandlung in Korneuburg endete, wie berichtet, mit einem Freispruch. Keinem der acht Wahlzeugen konnte etwas nachgewiesen werden.

"Is der Bürgermeister da?"

Plötzlich fragt Richter Fiala ins Publikum: "Is der Bürgermeister da?" "Ja, hier. Was gibt's?" fragt Krieger zurück. "Sie werden von mir angezeigt", kündigt ihm Richter Fiala an. "Ich nehme das zur Kenntnis", sagt Krieger, ohne seinen Kaugummi aus dem Mund zu nehmen. Der Kaugummi im Mund des Bürgermeisters hat Fiala übrigens "die ganze Verhandlung hindurch" gestört. Fiala: "Das ist mir eigentlich egal, ob Sie das zur Kenntnis nehmen."
Jetzt muß sich Krieger nach dem Freispruch für seinen Sprengelleiter doch wieder aufregen. "Ich habe der Frau nicht gedroht", sagt er der "Presse". "Ich hab ja nie mit ihr gesprochen. Nur einmal mit ihr telefoniert, um mir einen Termin mit ihr auszumachen." Das hatte die Frau auch nie behauptet. Sondern nur, dass ihr Krieger von einem Gemeinderat habe ausrichten lassen, "ob ich denn nicht wisse, wer mein Arbeitgeber sei." "Ich kann mich an eine solche Aussage nicht erinnern", sagt Krieger. "Ich sehe einer Verhandlung mit Ruhe entgegen. Man müßte mir nämlich erst einmal beweisen, daß ich das gesagt habe."